Gasherbrum I & II (8080 m & 8034 m)

18. Juli 2013: Strahlende Sonne, kaum Wind und eine unendliche Fernsicht! K2, Broad Peak und der Gasherbrum I stehen in unmittelbarer Nachbarschaft! Ein idealer Gipfeltag für unseren dritten 8000er, den Gasherbrum II.

 

2011 hatte uns der Broad Peak mit schlechtem Wetter und Lawinen auf 7800m abgewiesen – aber wir wollten wieder kommen.

Eigentlich bereits 2012 hatten wir den G II als Ziel im Auge, jedoch warf ein schwerer Rennradunfall im März alle Pläne über den Haufen.

Helga musste drei Monate mit einer Metallplatte in der Schulter aushalten, im August war dann aber schon wieder eine Überschreitung der Aig. de Chardonnet im Mont Blanc-Massiv möglich.

Im Dezember durften wir dann am Gipfel des Aconcagua (6962 m) ein wenig argentinische Höhenluft schnuppern.

 

Also war alles wieder bereit für 2013: Expedition ins Karakorum!

Im Juni startete unsere Reise mit einer Amical-Gruppe nach Islamabad, der Hauptstadt Pakistans. Dabei waren zehn Teilnehmer und Thomas Lämmle als Leiter.

Dieses Mal besuchten wir dort auch den Markt in Rawalpindi und waren erstaunt über die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen uns gegenüber. Viele wollten sich mit uns auf ihren Handys fotografieren lassen oder posierten lachend, wenn wir unsere Kameras zückten. Wir waren die einzigen „Westler“ auf dem Markt und entsprechend groß war die Aufmerksamkeit der Pakistanis.

 

Auf dem Weg nach Norden über den Karakorum-Highway bemerkten wir aber auch ganz andere Stimmungen.

Geplant war die rund 700 Kilometer lange Strecke nach Skardu im Bus in zwei Etappen hinter uns zu bringen. In Chilas war die Übernachtung angedacht.

Die Ortschaft Chilas liegt in der Provinz Kochistan und ist der Ausgangspunkt für alle Nanga Parbat Besteigungen über die Diamirseite.

Am ersten Tag gab es die üblichen Verzögerungen und Pannen und wir durften in der hereinbrechenden Dunkelheit nicht nach Chilas weiterfahren. Es folgte eine außerplanmäßige Übernachtung in Besham, einem kleinen Ort am Beginn der Indusschlucht.

Wir durften das Hotel zwar auf keinen Fall verlassen, alles sei jedoch „sicher“... No problem, Sir!

Tags darauf mussten wir die Strecke durch Kochistan im Konvoi mit den einheimischen Bussen fahren, unter Bewachung von bewaffneten Polizei-Jeeps. Im Nachhinein wohl zu Recht. 14 tage später wurden hier im Basislager des Nanga Parbat zehn Bergsteiger von Taliban-Attentätern getötet.

Die Weiterfahrt nach Skardu war dann noch durch zwei Muren versperrt, aber durch fahrerische Kühnheit und Improvisation kamen wir nach 24 Stunden Fahrzeit doch noch an.

Wegen heftiger Schneeschmelze gestaltete sich die Weiterfahrt nach Askole per Jeep zur puren Nervensache. Jeder kleine Bach war eine eigene Herausforderung und mehr als einmal war die Piste weggespült. Insgesamt ist das Autofahren auf dieser Reise eigentlich das größte Abenteuer!

 

Von Askole ging es jetzt aber endlich richtig los! Acht Tage Trekking, vorbei an den berühmten Trango Towers, dem Masherbrum und des Mustag Tower, über den Concordia-Platz mit Blick auf K2, Broad Peak und Chogolisa, zu unserem Basislager auf der Mittelmoräne des Abruzzigletschers.

 

Unser Basislager richteten wir gemeinsam mit unseren drei Hunza-Hochträgern Ali, Yussuf und Said ein. Karim, unser sehr guter Koch und sein Assistent Sorbas sorgten für das leibliche Wohl. Die Aussicht war fantastisch! Direkt über uns der Gasherbrum I und vor uns der Gletscherbruch, der den Weiterweg markierte.

Wir waren die erste größere Expedition vor Ort, deshalb war es unsere Aufgabe den Weg durch den Gletscherbruch zu suchen und im Weiteren auch alle Fixseile bis zum Gipfel zu verlegen. Eine riesige Leistung von Thomas Lämmle, der die meiste Sicherungsarbeit verrichtete.

Die Strecke vom Basislager auf 4900 m bis zum Lager 1 auf 5950 m war ein echter Schinder: 4,2 km Luftlinie, jedoch 13,4 km Gehstrecke laut GPS und dazu gut 1000 Höhenmeter Anstiegsleistung!

Der Gletscherbruch veränderte sich ständig! So gigantische Spalten mit solch dünnen Schneebrücken hatten wir bis dahin noch nicht erlebt. Bei der Wegsuche sind immer wieder Teilnehmer eingebrochen – meistens nur bis zur Hüfte, aber manchmal war auch einer komplett weg. Der Mannschaftszug richtet es dann wieder!

 

Lager 1 befand sich jedoch sicher platziert auf einem Plateau mit phänomenaler Sicht auf die beiden Gasherbrum-Gipfel, Baltoro Kangri (7800 m) und Sir Kangri (7400 m).

Von hier aus war es nur eine gute Stunde zum Einstieg unserer Route, die mit einem eleganten Firngrat begann, der „Banana Ridge“. Mehrfach mussten wir hier hinauf, bis die gesamte Strecke zum Lager 2 auf 6500 Metern über teilweise 70° steile Aufschwünge mit Seilen präpariert war.

Wir planten jetzt zwei Nächte zur Höhenanpassung and Verlegung der Seile zum Lager 3 oben zu bleiben, als uns beiden am Ende der „Banana Ridge“ ein kleines Malheur passierte. Ein Depotsack rauschte in die Tiefe! Aber auch ohne Isomatte, Kocher und mit nur sehr, sehr wenig Essen ging alles gut. Schlafen kann man auf einem Seil und dem Rucksack, Kocher leihen einem die Nachbarn immer mal wieder. Für den Speiseplan gab es eine Kollekte mit den Sachen, die von den anderen nicht gebraucht wurden. Okay, es ging – aber nach drei Tagen zurück im Basislager waren wir hungrig wie die Wölfe.


Mittlerweile waren auch andere Expeditionen eingetroffen und die Moräne bevölkerte sich. An den Erholungstagen konnte man jetzt Besuche machen oder andere Bergsteiger kamen zum Kaffeetrinken, Besprechen und Planen vorbei.

Eigentlich waren wir jetzt soweit, die Akklimatisation war perfekt und die Route stand. Nur jetzt machte das Wetter nicht mit. Es wollte sich kein stabiles Hoch einstellen – die Zeit wurde knapp!

Für den 16. Juli sollte sich ein Wetterfenster auftun. Thomas Lämmle war mit dem „Wetterguru“ Charly Gabel in Innsbruck in engem Kontakt.

Also wieder durch den Eisbruch zum Lager 1. Hier saßen wir wegen Schneefall und schlechter Sicht erst einmal einen Tag fest.

Dann die „Banana Ridge“ zum Lager 2 hinauf, wo zum Glück noch all unsere Zelte intakt waren. Einer Schweizer Gruppe, die 40 m höher ihr Lager hatte, waren vier Zelte vom Sturm komplett weggerissen worden.

Am nächsten Tag konnten wir weiter ins Lager 3 auf 7000 m) aufsteigen. Das optionale Lager 4 wollten wir auslassen und direkt von hier zum Gipfel starten. Das Wetter zeigte sich aber erst mal sehr unsicher. Zwei weitere Tage verbrachten wir deshalb auf 7000m, zu dritt im Zweimannzelt – da muss man sich schon gut verstehen!

 

In der dritten Nacht konnte es aber gegen 23 Uhr los gehen! Über einen Felsgrat kamen wir gut voran und beim ersten Morgengrauen erreichten wir 7400 m. Hier beginnt eine lange Traverse bis zu einer Scharte auf 7800 m. Durch die Scharte wechselt man auf die chinesische Seite des Bergs und damit auch in die Gipfelflanke. Erneute Sicherungsarbeit! Die komplette Flanke musste auf Grund harten Eises versichert werden.

Nach mühsamen weiteren 200 Höhenmetern war es aber dann soweit!

Am 18. Juli gegen 14 Uhr standen wir auf dem Gipfel! 8035 m, mit einer so fantastischen Fernsicht, wie wir sie noch nie erlebt hatten.

Dank der relativ milden Bedingungen konnten wir eine gute Stunde auf dem Gipfel verbringen und die Eindrücke genießen. Sieben von zehn Teilnehmern waren erfolgreich, dazu natürlich Thomas und Ali. Es flossen jede Menge Tränen – das Gefühl war einfach überwältigend.

 

Gegen 19 Uhr kehrten wir ins Lager 3 zurück und ein letztes Mal quetschten wir uns in das kleine Zelt.

 

Im Lager 1 mussten wir eine weitere Nachtabwarten, da es für die Schneebrücken im abschließenden Eisbruch bereits viel zu warm war. Bereits auf der „Banana Ridge“ waren uns zwei Sicherungspunkte ausgebrochen! Charly hing nach einem Riesenpendler zum Glück unverletzt mitten in der Eiswand.

 

Zum Frühstück wurden wir im Basislager empfangen.

Jetzt musst jedoch alles sehr schnell gehen: es war ja bereits der 20. Juli und für die übrigen Teilnehmer der letzte mögliche Rückmarschtag. Aber egal! Der Gipfel hatte geklappt und um die Mittagszeit machte sich der größte Teil der Gruppe auf den Weg.


Wir sind zu viert im Basislager geblieben – es lag ja mit dem Gasherbrum I noch ein weiteres Ziel vor uns.

Mitten in unserer Planung erreichte uns die Nachricht, dass drei spanische Bergsteiger in der Gipfelflanke des Gasherbrum I tödlich verunglückt sind. Damit war auch unsere Motivation dahin und in 3 ½ Tagen im fußquälenden Gewaltmarsch erreichten wir Askole und von dort ohne größere Probleme Islamabad.


Eine wunderbare Expedition war zu Ende und diesen fantastischen Gipfeltag werden wir nicht mehr vergessen!