"The Subway", Zion Nationalpark/Utah

Und wo bitte geht’s jetzt zum Canyon? Der schmale Wanderweg schlängelt sich in kleinen Bögen durch ein idyllisches Wäldchen voller Vogelgezwitscher. Alles wunderbar, nur weit und breit kein Zeichen von einer tief eingeschnittenen Schlucht!

Auch unsere Kollegen aus Salt Lake City, die uns am frühen Morgen freundlicherweise vom Parkplatz am Endpunkt der Wanderung mit zum Wildcat Canyon Trailhead genommen haben, schauen etwas ratlos drein. Die Richtung stimmt jedoch so einigermaßen mit der Beschreibung überein, also folgen wir dem sandigen Pfad weiterhin.

Der Baumbewuchs wird immer lichter und zu unserer Rechten spitzen die Gipfel der Northgate Peaks zu uns herüber – nun haben wir immerhin einen markanten Orientierungspunkt! Ein kleines Schild mit der Aufschrift „Entering Zion Wilderness“ lässt zusätzlich Hoffnung aufkommen.


Keine 15 Minuten später ändert sich das Landschaftsbild deutlich. Die Humusauflage, und damit auch der Baumbewuchs, verschwindet und wir laufen über eindrucksvolle Sandsteinbänder, die wie versteinerte Sanddünen wirken. Rechts von uns zeigen sich die ersten Wasserrinnen, die später in unseren Subway-Canyon einmünden werden.

Die Hangneigung wird auf einmal spürbar steiler und nach einem letzten kleinen Baumstreifen, der sich mutig auf den fast blanken Gesteinsrücken festklammert, überqueren wir die Russell Gulch, ein weiteresTrockenbett.

Von der folgenden Anhöhe, dem Point 6210, blicken wir zum ersten Mal in die wilde Schluchtenlandschaft der Kolob Terrace. Tief eingeschnittene Canyons, in den unterschiedlichsten Rottönen mit grün leuchtenden Bäumen eingerahmt. Darüber ein wolkenloser Himmel, was uns in den letzten beiden Stunden auch spürbar steigende Temperaturen brachte.

Auf einem weit über die Schlucht ragenden Felssporn genehmigen wir uns eine kurze Brotzeit im Halbschatten einer gewaltigen Kiefer, dann klettern wir durch eine steile Rinne in Richtung Schluchtgrund.

Nach einigem Herumgerutsche über locker liegende, sandige Felsbrocken, unter in die Schlucht gestürzten Bäumen und durch Engstellen hindurch, sitzen wir eine knappe halbe Stunde später am ersten kühlen Pool im Schatten des Subway Canyons.

Hier herunten ist es dann auf einmal gar nicht mehr so warm und wir schlüpfen gerne in unsere Neopren-Shorties und -socken. Zumal dieser erste Pool auch gleich hüfttief ist und der einzige Weg mitten hindurch führt.


Auf dem Weiterweg präsentiert sich die Schlucht zunächst noch recht offen. Lange sandige Abschnitte wechseln sich ab mit grobblockigen Katarakten, das Ganze immer wieder mit herabgestürzten Bäumen gespickt.

Nach etwa einer Viertelstunde versperrt dann ein gigantischer Felsbrocken die an dieser Stelle klammartig verengte Schlucht. Ein Weg würde durch ein dunkles Loch am rechten Ufer führen – viel mehr als reinklettern und runter plumpsen lassen bliebe dabei allerdings nicht. Selbst bei optimistischen Schätzungen blieben noch etwa 4 m Flugstrecke bei annähernd Null Sicht. Das muss nun wirklich nicht sein. Da unsere Amis einige Kinder mit im Schlepptau haben, beschließen wir an einem verklemmten Baumstamm einen Standplatz einzurichten und seilen die ganze Bande die 6 m ab. Der Landeplatz ist leider relativ kühl. Als letzter darf ich dann über den Felsbrocken hinunter auf einen alten Baum, der dort senkrecht angelehnt steht, klettern. Etwas wackelig mit dem dicken Rucksack und dem allgegenwärtigen Sand an den Sandalen, aber irgendwie geht’s dann doch.


Hier beginnt laut unserer Beschreibung der schönste und abwechslungsreichste Teil der Tour. Offene, sonnendurchflutete Abschnitte wechseln sich mit dunklen Engstellen ab. Die sandigen Passagen werden immer weniger und das Grundgestein tritt an die Oberfläche. Dadurch sammelt sich hier auch immer mehr Wasser in tiefen Felstöpfen, die wir auf Grund der steilen, zum Teil sogar überhängenden Uferwände größtenteils durchschwimmen müssen. Was anfangs noch eine willkommene Abwechslung war, wird schön langsam zu einem etwas mühsamen und vor allem recht kalten Unterfangen.

Unsere Rucksäcke, die dank der darin steckenden wasserdichten Packsäcke wie ein Auftriebskörper wirken, drücken uns noch tiefer als uns lieb ist ins kalte Nass. Jeder sonnige Fleck am Schluchtgrund wird dankbar zum Aufwärmen genutzt.

Trotz allem bleibt noch immer ein Auge für die überwältigenden Dimensionen der Schlucht! Die knallroten Wände strecken sich einige hundert Meter senkrecht in den Himmel. Der Sandstein weist an jeder Ecke andere Erosionsformen auf: einmal glatt geschliffen und poliert, dann wieder mit Bienenwabenstruktur! Helle, fast weiße Streifen durchziehen tief rote Dächer, die sich 50 Meter und mehr aus der Wandflucht hervorwölben. Dazwischen steht immer wieder an Stellen, wo man es am wenigsten erwartet ein einsamer Baum hoch über dem Abgrund und bringt mit seinem satten Grün einen tollen Kontrast ins Spiel.


Mittlerweile verengt sich der Canyon bis auf ein, zwei Meter. Darin verklemmte Felsbrocken und Bäume bieten einen interessanten Hindernisparcours. Die eine oder andere höhere Stufe mit unsauberem Unterwasser nötigt uns, das Seil auszupacken. Dankenswerter Weise haben die sehr sicherheitsbewussten Parkranger diese Passagen mit Abseilringen ausgestattet, so dass sich die Bastelarbeit in Grenzen hält.

Eine dieser Abseilstellen mit anschließender, etwa 50 Meter langer, bitterkalter Schwimmpassage, führt uns in einen riesigen Kolk. Die Wände sind zum Teil überhängend und so fühlen wir uns wie in einer Höhle ohne Blick zum Himmel. Nur ein einzelner Sonnenstrahl beleuchtet eine Sandbank.

Hier beginnt das Herz des Subways. Da der Himmel auf den nächsten gut hundert Metern nicht sichtbar ist, fühlen wir uns tatsächlich wie in einem U-Bahnschacht! Zwischen den kleinen Wasserfällen spiegeln sich türkisfarbene Pools – leider doch zu kalt, um darin entspannt zu plantschen! Unmittelbar nach diesem Highlight endet der klammartige Abschnitt plötzlich.

 

Von hier an laufen wir durch eine offene, sonnige Schlucht, in der es überall plätschert und uns der dichte Bewuchs das Weiterkommen immer schwerer macht. Auch die Temperaturen bewegen sich schlagartig wieder im Backofenbereich! Die ganzen Warnungen vor Klapperschlangen, Poison Ivy und allerlei anderem Stachelzeug lassen uns den größten Teil des Wegs lieber im Wasser als auf dem zugewucherten Pfad am Ufer zurücklegen.

Nur einen Ausflug genehmigen wir uns noch! Auf der rechten Bachseite liegt ein unscheinbarer heller Felsbrocken, an dem wir mit Sicherheit vorbeigelaufen wären, hätte uns nicht ein Parkranger, der hier zufällig mit einer Gruppe Rast macht, darauf aufmerksam gemacht. Der Fels ist über und über mit versteinerten Saurierspuren übersät!

Ebenfalls am rechten Ufer erscheint der steile Abbruch des Tabernacle Dome, an dem sich ein auffälliger Streifen schwarzer Lava bis zum Fluss herunter zieht. Hier müssen wir die Schlucht verlassen und uns mühsam die gut 120 Höhenmeter zurück auf das Lower Kolob Plateau hinauf arbeiten. Total verschwitzt aber glücklich, diese Tour gemacht zu haben, erreichen wir am späten Nachmittag den Left Fork Trailhead.

 

Charakter

Der Subway Canyon im Zion Nationalpark/Utah ist eine großartige Schluchtenwanderung mit einigen sportlichen Einlagen, ohne gleich eine echte Canyoning-Tour zu sein. Es zählt mehr das Erlebnis der monumentalen Landschaft. Trotzdem sollten die Gefahren, die von möglichen Flashfloods, dem sehr kalten Wasser, dem extrem rutschigen Gestein und der Tier- & Pflanzenwelt ausgehen, nicht ganz ausser acht gelassen werden.

 

Ausgangspunkt

Start ist der Wildcat Canyon Trailhead, das Ziel der Left Fork Trailhead. Anlaufstelle für Informationen und das zwingend nötige Backcountry Permit ist zum Beispiel der Campground in Springdale.

 

Literatur

Zion Canyneering – Trail Hiking & Technical Adventures in & around Zion National Park“ von Tom Jones

 

Ausrüstung

Auch wenn es zur üblichen Urlaubszeit im Zion Nationalpark sehr heiß ist, sollte man auf entsprechenden Kälteschutz (Neopren) auf keinen Fall verzichten! Stabiles Schuhwerk in Verbindung mit Neoprensocken getragen hat sich bewährt. Für die Abseilstellen reicht ein 20 m Seil. Sonnenschutz und genügend Trinkwasser sind wichtig. Wasserdichten Packsack nicht vergessen!